John Chamberlain: Skulptur
Galerie Karsten Greve Köln
Dienstag - Freitag 10 - 18.30 Uhr
Samstag 10 - 18 Uhr
Vernissage am Samstag, den 25. Februar 2023, von 17 - 20 Uhr
Die Galerie Karsten Greve freut sich, mit JOHN CHAMBERLAIN Skulptur eine umfassende Einzelausstellung in Köln zu präsentieren. Sie ist dem amerikanischen Künstler John Chamberlain (1927 – 2011) gewidmet – einem Meister der Metallfaltung und -transformation und außergewöhnlichen Koloristen. Die Ausstellung setzt die langjährige, seit Beginn der 1970er Jahre bestehende Zusammenarbeit zwischen dem Künstler und dem Galeristen Karsten Greve fort. Mit einer Auswahl von elf skulpturalen Kompositionen, außerdem Arbeiten auf Papier und Fotografien, entstanden zwischen 1967 und 2007, zumeist durch Karsten Greve direkt vom Künstler erworben, zeigt diese Ausstellung John Chamberlains markanteste Ausdrucksformen, veranschaulicht die Entwicklung seines künstlerischen Oeuvres und ermöglicht ein allumfassendes Erlebnis.
Der Zeitgeist nach dem Zweiten Weltkrieg trieb Künstler dazu an, zu experimentieren und nach neuen Freiheiten Ausschau zu halten, sich von einstigen Dogmen zu befreien. Der Abstrakte Expressionismus ist eine amerikanische Entwicklung in der Malerei, die durch die New York School seit den 1940er Jahren bekannt wurde. John Chamberlain setzte sich mit dieser Kunstrichtung, in der die plastische Sprache durch eine neue Beziehung zur Geste als autark angesehen wurde, auseinander. Er wählte sein Material: Stahl, den er oft in verlassenen Autos aufstöberte und für seine Werke verwendete. Er wurde nicht müde, ihn immer wieder umzugestalten. Das Medium wurde zur „Arena des Handelns“, um mit Jackson Pollock zu sprechen. In gewisser Weise gelang es John Chamberlain, diese neue Form des bildnerischen Ausdrucks aufzugreifen und in eine skulpturale Form zu überführen; es wird oft gesagt, dass seine Skulpturen dank einer gewissen Symbiose zwischen Form, Geste und Farbe das Gegenstück zu Willem de Koonings Leinwänden seien.
Seit seiner ersten Einzelausstellung in der Martha Jackson Gallery im Jahr 1960 begeisterte John Chamberlain viele Sammler und Künstler (Robert Rauschenberg, Donald Judd, Andy Warhol) mit seiner Wahrnehmung von Materie. Warhol war Vorbesitzer von Papagayo (1967), einer der größten Skulpturen aus verzinktem Stahl, die später, im Jahr 1971, anlässlich der ersten Retrospektive für John Chamberlain im Guggenheim-Museum in New York ausgestellt wurde. Papagayo – ein Highlight dieser Ausstellung – ist eine Skulptur, die charakteristisch ist für John Chamberlains Arbeiten in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre, als er damit experimentierte, auf Farbe zu verzichten und Licht und Schatten auf der Oberfläche des Metalls in minimalistischer Manier freien Lauf zu lassen.
John Chamberlain bezeichnete sich selbst als dreidimensionalen Collage-Künstler, fügte er doch die unterschiedlichsten Teile (unter Beibehaltung der ursprünglichen Eigenschaften des Materials) zu einer neuen Struktur zusammen. So auch bei Double Hooded Jim (1974) und Silver Plait (1976), bei denen es sich um Assemblagen mehrerer Teile zu einer Einheit handelt. Allein aufgrund ihrer Form strahlen seine Skulpturen eine inhärente Poesie aus und demonstrieren die Bedeutung der künstlerischen Auswahl beim Zusammensetzen und Ausbalancieren der Teile: „Einige scheinen zu denken, dass ich mit gefundenen Teilen arbeite, aber das ist nicht der Fall. Sie werden ausgewählt, verstehen Sie? Der Gedanke dahinter ist, dass in der Auswahl viel Magie steckt.“ Die Idee der Assemblage kommt sowohl in seiner Metallbearbeitung als auch in seinen malerischen Arbeiten zum Ausdruck. Die 1976 entstandene Serie von Werken auf Papier View from the Cockpit zeichnet sich durch die Intensität und Reinheit der zu einer grafischen Einheit zusammengefassten Farben aus – eine Anspielung auf den Orphismus Robert Delaunays. Im Rahmen der Kölner Ausstellung wird auch eine Serie von Fotoarbeiten gezeigt, die den Überblick über die verschiedenen Aspekte des künstlerischen Schaffens vervollständigen. Ab 1977 experimentierte John Chamberlain mit einer Widelux-Panoramakamera. Während der sukzessiven Belichtungszeit manövrierte er die Kamera mit schwenkenden oder ruckartigen Bewegungen durch den Raum. Diese Methode ermöglichte es ihm, verschiedene Perspektiven in einem einzigen Bild festzuhalten, Umrisse, Strukturen, Farben und Licht auf überraschende Weise zu verformen und Bewegungsspuren sichtbar zu machen.
John Chamberlain wurde 1927 in Rochester, Indiana, geboren und besuchte Mitte der 1950er Jahre das Black Mountain College, North Carolina, einen Ort, an dem der Austausch mit befreundeten Künstlern und Dichtern wie Charles Olson, Robert Creeley und Robert Duncan seine künstlerische Karriere entscheidend beeinflusste. Bereits seit den frühen 1960er Jahren fanden seine Arbeiten Eingang in zahlreiche bedeutende Sammlungen. Im Jahre 1961 ist er auf der Biennale in São Paolo sowie 1964 auf der Biennale in Venedig vertreten, bevor ihm 1971 Retrospektiven sowohl im Guggenheim Museum in New York und als auch im Museum of Contemporary Art in Los Angeles gewidmet werden, gefolgt von bedeutenden Ausstellungen in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden (1991) und im Stedelijk Museum Amsterdam (1996). Im Laufe seiner Schaffenszeit hatte er Ateliers in New York, Florida und schließlich auf Shelter Island, New York, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 2011 arbeitete.