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Herbert List im Bargheer Museum Hamburg

Herbert List, Self-portrait in a Mirror, Rome, Italy, 1955. © Herbert List Estate, Hamburg, Deutschland (Ausschnitt)

Das Bargheer Museum zeigt in Zusammenarbeit mit dem Herbert List Estate eine Mixed Media Ausstellung der befreundeten Hamburger Künstler. Beide erleben in Hamburg das Aufkommen der nationalsozialistischen Herrschaft, die sie künstlerisch und geistig zunehmend einschränkt und ihre Entwicklung bedroht. Auf unterschiedlichen Wegen entkommen sie den wachsenden Repressionen in Deutschland in den mediterranen Süden, von dem sie sich kulturell, aber vor allem auch menschlich stark angezogen fühlen.
Das Licht und die Kultur des Südens sind Katalysatoren für entscheidende Weiterentwicklungen ihrer künstlerischen Arbeit. Trotz der Zäsur des Weltkriegs bleibt der Süden auch nach 1945 Lebensmittelpunkt beider. Sie begegnen sich wieder auf der Insel Ischia, wo sich Bargheer inzwischen endgültig niedergelassen hat. Lists Foto-Essay 1951 von Ischia belegt die einmalige Atmosphäre des geheimnisvollen Treffpunkts der westlichen Kunstwelt mit deren alternativen Liebes- und Lebensentwürfen. Die Arbeiten Bargheers zu dieser Zeit belegen seinen Anschluss an die gefeierte Moderne des Mid-Century.

Die spannungsvolle Gegenüberstellung von Malerei und Fotografie ist Zeugnis unterschiedlicher und dennoch ähnlicher Lebenswege und beleuchtet mit 90 Fotos sowie zahlreichen Aquarell- und Ölbildern fast nebenbei die spezifischen Ausdrucksmöglichkeiten der beiden Kunstgattungen.
Schwerpunkt der Ausstellung bilden Arbeiten beider Künstler aus den 1930er Jahren in Hamburg und Umgebung, sowie Arbeiten, die Anfang der 50er Jahre auf Ischia entstanden sind.

Kuratiert wird die Ausstellung von Dirk Justus und Peer-Olaf Richter.

Im Rahmen der Foto-Triennale finden zeitgleich weitere Ausstellungen über das Werk von Herbert List statt:
Das BUCERIUS Kunst Forum präsentiert vom 14.05. bis zum 11.09.22 die erste internationale Retrospektive zu Herbert List.
Das Museum für Kunst & Gewerbe Hamburg widmet sich vom 18.05. bis zum 18.09.22 der Neuinterpretation von zwei Werkkomplexen von Herbert List. Zu sehen ist das noch nie gezeigte Fotobuch „Präuschers Panoptikum. Ein Bilderbuch von Herbert List“. Der zweite Teil widmet sich Herbert Lists Aufnahmen von jungen Männern und Skulpturen, die seit den 2000er Jahren als Vorreiter des „Queer Gaze“ wiederentdeckt werden.

HERBERT LIST (1903-1975):
Angeregt durch seinen Freund, den Fotografen und Bauhaus-Professor Andreas Feininger, beginnt Herbert List, Sohn eines Hamburger Kaffeehändlers, in den 1930 Jahren seine Karriere als Fotograf. Zuvor hatte er eine Lehre bei einem Heidelberger Kaffeeimporteur absolviert und nebenbei Vorlesungen in Literatur- und Kunstgeschichte besucht.  In der Stadt, an Hafen und Elbe findet er seine Motive und kreiert geheimnisvolle Bilder mit starken Hell-Dunkel-Kontrasten. Architekturfotos, Stadtansichten, Stillleben und Portraits entstehen.

Als homosexueller „Vierteljude“ durch die Nürnberger Rassegesetzte bedroht, geht List 1936 ins Exil. Sein Weg führt über Paris und Italien nach Griechenland – dies wird Sehnsuchts- und Zufluchtsort. Die allgemeine Begeisterung für die klassische griechische Antike führt dazu, dass Lists Aufnahmen in zahlreichen deutschen und französischen Magazinen abgedruckt werden.
List fotografiert antike Tempel, Skulpturen und junge Männer vor dieser Kulisse. Lists Buch „Licht über Hellas“ mit Aufnahmen von 1937-38 wird aufgrund des Krieges erst 1953 veröffentlicht.
Fotografien von jungen Männern sind immer wieder Thema in den Arbeiten des Fotografen, womit List ein Bekenntnis zu seiner eigenen Homosexualität ablegt. Der männliche Körper wirkt jedoch nie maskulin aufgeladen, sondern wird eher verletzlich und sensitiv gezeigt.
Immer wieder bereist List Italien. Während eines Aufenthalts in Rom 1953 wechselt er von der Mittelformatkamera auf eine Leica Kleinbildkamera und der Stil seiner Fotos verändert sich: Momentaufnahmen entstehen und List hält später lebendige und authentische Straßenszenen in Neapel fest.
Nach dem Krieg entstehen zahlreiche Portraits von Künstler:Innen und Intellektuellen. Darüber hinaus hält List seine Zeit in Reportagen für Zeitungen und Zeitschriften fest und dokumentiert das kriegszerstörte München. 1950 wird List durch das Engagement von Robert Capa Mitglied der Vereinigung Magnum Photos und portraitiert auf zahlreichen Reisen Menschen in ihrem alltäglichen Umfeld im Sinne der humanistischen Fotografie.

EDUARD BARGHEER (1901-1979):
Eduard Bargheer wächst als Sohn eines Schulleiters auf der Elbinsel Finkenwerder auf, schließt 1924 eine Lehrerausbildung ab und arbeitet fortan als freier Künstler. Auslandsaufenthalte führen ihn nach Italien, Paris, Belgien und Holland. 1929 wird Bargheer Mitglied der Künstlergemeinschaft „Hamburgische Sezession“ und befreundet sich mit der Familie Warburg und den Kunstkritikern Dora und Erwin Panofsky. 1935 kauft Bargheer eine Fischerkate am Elbhang in Hamburg Blankenes und besucht auf Anraten von Herbert List erstmals Ischia im Golf von Neapel. Beeinflusst von Munch findet Bargheer zu seiner unverwechselbaren Bildsprache der dreißiger Jahre. Die Herrschaft der Nationalsozialisten bringen Bargheer und sein Schaffen zunehmend in Bedrängnis und der Künstler  emigriert nach Italien mit längeren Aufenthalten in Florenz und auf Ischia. 1944 erhält Bargheer Kirchenasyl in den Boboli-Gärten des Erzbischofs von Florenz, Kardinal Elia dalla Costa, nachdem er vorher in La Spezia eine Anstellung als Dolmetscher auf einer deutsch-italienischen Kriegsmarine-Werft hatte. 1945 werden amerikanische Offiziere zu ersten Käufern von Bildern Bargheers nach dem Krieg. 1948 wird Bargheer Ehrenbürger von Forio / Ischia und nimmt an der Biennale in Venedig teil; 1950 erhält er die italienische Staatsbürgerschaft. 1954 bezieht Bargheer wieder sein Haus in Blankenese, was durch kriegsbedingte Einquartierungen lange blockiert war. 1955 nimmt Bargheer an der Documanta 1 in Kassel teil und 1959 an der Documenta II. 1957 wird Bargheer Gastdozent an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und 1963 Professor an der Hochschule der Künste Berlin. 1960 bis 68 bereist Bargheer Tunesien, Marokko, Ägypten, Mali und Senegal und findet neue Inspiration für sein Oeuvre.



 

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