Lovis Corinth: Malerei
Galerie Karsten Greve Köln
Dienstag - Freitag 10 - 18.30 Uhr
Samstag 10 - 18 Uhr
Vernissage am Freitag, den 18. November 2022, von 19 - 21 Uhr im Rahmen der ART COLOGNE 2022.
Einführung von Dr. Cathrin Klingsöhr-Leroy.
Die Ausstellung wird bis zum 14. Februar 2023 verlängert.
Die Galerie Karsten Greve freut sich, dem Maler Lovis Corinth (1858 – 1925) zum ersten Mal eine Ausstellung in Köln zu widmen, der eine Premiere im Frühjahr 2022 am Galeriestandort Paris vorausging. Gezeigt werden fünfzehn Arbeiten aus Lovis Corinths späten Schaffensjahren (1915 – 1925), in denen sich der Künstler mit Leidenschaft den Sujets Landschaft, Selbstporträt und besonders dem floralen Stillleben widmete, Motiven, die von jeher mit dem Gedanken an die Endlichkeit des Daseins verknüpft sind. Unter den fünfzehn ausgestellten Werken befinden sich vierzehn Gemälde und Aquarelle aus der Sammlung Karsten Greve sowie eine Originalradierung als Leihgabe aus dem Franz Marc Museum, Kochel am See.
Die Präsentation legt den Fokus auf Aspekte des Malerischen, beispielsweise das Tempo, die Farbpalette und die Suche nach der „reinen Malerei“. Die Ausstellung lädt dazu ein, einen der bedeutendsten und vielseitigsten deutschen Maler neu zu entdecken, der zu Lebzeiten ein angesehener Künstler war, dessen Erbe jedoch durch die sozialen und politischen Unruhen des 20. Jahrhunderts überschattet wurde. 1937 fielen hunderte Kunstwerke von Lovis Corinth als „entartet“ einer deutschlandweiten Beschlagnahmeaktion der Nationalsozialisten zum Opfer, sie wurden aus Privatsammlungen geraubt oder durch Notverkäufe verstreut und verschwanden nach und nach aus der Öffentlichkeit. Bis heute gelten zahlreiche Werke als im Zweiten Weltkrieg verschollen, viele sind durch NS-Raubkunstverdacht belastet, andere sind Gegenstand einer Restitutionsforderung.
Lovis Corinth malte Blumenstücke von unendlicher Zartheit wie Helle Rosen, 1915, und Flieder im Kelchglas, 1923. Seine Chrysanthemen im Krug von 1918 zeigen eine Blütenpracht, die an Auguste Renoirs oder Gustave Caillebottes Chrysanthemensträuße erinnern oder an die Darstellungen des Gartens von Giverny, der Claude Monet so faszinierte. Wie die Herbstblumen in Vase von 1924 eindrücklich vor Augen führen, galt Lovis Corinths Interesse zunehmend üppigen floralen Zusammenstellungen, deren Formenvielfalt und intensive Farbigkeit seinem expressiven Umgang mit bildnerischen Mitteln entsprachen. Das Leuchten der Tagetes oder Dahlien variiert zwischen warmem Gelb und bräunlichem Rot.
Die Auflösung des Bildgegenstandes im Akt des Malens ist Teil seines künstlerischen Konzepts: „Die wahre Kunst ist Unwirklichkeit üben. Das Höchste!“, notierte Lovis Corinth am 31. März 1925 in sein Tagebuch. Der Akzent verschiebt sich dabei vom Blumenmotiv zur Qualität der Farbe und ihrer Wirkung. Aus nächster Nähe betrachtet, sieht man auf dem Ölgemälde Blumen in Bronzekübel von 1923 eine Explosion von übereinandergelagerten oder gegeneinandergestellten pastosen Pinselstrichen in eine Mischung von Grün, Rot, Violett, Orange oder Brauntönen mit Lichtreflexen in Weiß und Gelb. Feine Spuren der Pinselborsten sind auf der Malfläche deutlich erkennbar: „Jeder Pinselstrich ist zuckendes Leben“, so umschreibt der Kunsthistoriker Gustav Pauli 1924 dieses Phänomen. Lovis Corinth erzielt in seinem Spätwerk eine einzigartige Spannung zwischen der Darstellung des Sujets und der „reinen“ Malerei, die in Einzelpartien keinesfalls hinter der gestischen Malerei eines Willem De Kooning oder Cy Twombly zurücksteht.
Franz Heinrich Louis Corinth, genannt Lovis Corinth, ist 1858 in Tapiau in Ostpreußen (heute Gvardeisk, Russland) geboren. Nachdem Corinth zwischen 1880 und 1884 an der Kunstakademie von München studiert, geht der Künstler von 1884 bis 1887 für drei Jahre nach Paris. Die französische Hauptstadt ist damals gezeichnet von den unmittelbaren Auswirkungen des französisch-preußischen Kriegs; eine Umgebung, in der Corinth in der angesehenen Académie Julian bei William-Adolphe Bouguereau und Tony Robert-Fleury die klassische Malerei lernt. 1891 siedelte er nach München über, wo er zu den Gründungsmitgliedern der Münchner Secession gehörte. Seit 1899 Mitglied der Berliner Secession, zog er zwischen 1900 und 1902 nach Berlin, eröffnete seine eigene Malschule, war als Künstler sehr geschätzt und stand allgemein in hohem Ansehen. 1911 erlitt er einen Schlaganfall. Der Vergleich zu seiner künstlerischen Produktion der Vorjahre offenbart keinen stilistischen Bruch, vielmehr eine Entwicklung.
Seit 1919 verbrachte er alljährlich fruchtbare Arbeitsaufenthalte in seinem Sommersitz in Urfeld am Walchensee. 1925 reiste Lovis Corinth nach Amsterdam, erkrankte an einer Lungenentzündung und verstarb am 17. Juli in Zandvoort. Zu Lebzeiten wurde er durch Preise, Einzel- und Gruppenausstellungen geehrt; weitere internationale Ausstellungen zeugen bis dato von der Wertschätzung und Popularität des Künstlers. Sein Werk ist weltweit in bedeutenden privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, zum Beispiel in der Sammlung der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin, im Museum Kunstpalast, Düsseldorf, in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, Neue Pinakothek, München, in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, im Franz Marc Museum, Kochel am See, im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud, Köln, im Musée d’Orsay, Paris, in der Tate Britain, London, im Israel Museum, Jerusalem, in der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien, im Kunstmuseum Basel und Kunsthaus Zürich, im Museum of Modern Art und The Metropolitan Museum of Art in New York.